„Zwischen Ordnung und Hingabe – Die Balance, die Führung braucht“
04.03.2025
Wie viel Freiheit verträgt eine Organisation, bevor sie im Chaos versinkt? Und wann wird Struktur so starr, dass sie Innovation erstickt? Diese Frage haben Sie sich sicher auch schon gestellt. Während meines letzten Yogaretreats wurde ein Gedanke eines Yogis in eine Session implementiert, der dieses Spannungsfeld auf den Punkt brachte:
"Organisation ist Ordnung. Hingabe ist Chaos und Leidenschaft. Beides kann Mensch und Organisation überfordern: Zuviel Organisation erstickt ihre Lebendigkeit und Innovationskraft - zu viel Hingabe kann überfordern.“
Dieser Impuls hat mich nachhaltig beschäftigt und dazu veranlasst, ihn intensiver zu reflektieren. Denn in meinem beruflichen Alltag – in Meetings, Diskussionen in- und extern und im Rahmen von strategischen Entscheidungen – zeigt sich genau dieses Dilemma immer wieder. Wie viel Freiheit ist sinnvoll? Wo braucht es klare Strukturen? Ist die Organisation mit ihren Menschen bereit für diese Gedanken und deren Umsetzung? Und wie gelingt es uns als Führungskräften, die richtige Balance zwischen beiden Polen zu finden, um Impulse zu setzen, ohne die Organisation und die Mitarbeitenden zu überfordern?
Wir sind uns sicher alle einig, dass Organisationen und damit Unternehmen eine Ordnung benötigen, ausgefüllt mit Strukturen und Prozessen. Diese bieten Sicherheit, schaffen Klarheit und gewährleisten Effizienz. Sie sorgen dafür, dass Ziele erreicht, Strategien umgesetzt und Verantwortlichkeiten definiert werden. Doch wenn Ordnung und Struktur zum einzigen Maßstab werden, kann dadurch die Seele der Unternehmung – geprägt von Dynamik und Innovationsgeist – verloren gehen. Ich habe Teams erlebt, die perfekt organisiert waren – und dennoch ohne Energie agierten. Prozesse waren etabliert, Zuständigkeiten klar geregelt, doch es fehlte das Feuer, die Begeisterung, die Dynamik, ja auch der Spaß. Mein Fazit: Strenge Organisation kann Lebendigkeit ersticken, wenn sie nicht offen genug bleibt für das Unerwartete.
Hier kommt die Hingabe ins Spiel – eine wunderbare und kraftvolle Energie, die Leidenschaft, Kreativität, Spaß und Wachstum fördert. Sie erlaubt es uns, uns voller Überzeugung einer Aufgabe zu widmen, ohne Angst vor dem Ergebnis. Doch wenn Hingabe allein dominiert, kann sie Orientierungslosigkeit erzeugen. Zu viele Ideen, zu viele Impulse, zu viel Bewegung – und plötzlich wird das, was inspirieren sollte, zu einem Strudel der Überforderung – meist auch für das unternehmerische Umfeld.
In Unternehmen zeigt sich das, wenn Teams voller Enthusiasmus arbeiten, jedoch ohne klare Strukturen. Meetings verlaufen ergebnislos, Projekte verlieren an Fokus, und am Ende bleiben Ineffizienz und Frustration zurück. Warum ist das so? Weil Hingabe und Leidenschaft allein nicht ausreichen – sie benötigen eine Richtung.
Die Kunst der Führung und die größte wahre Herausforderung zugleich für uns als Führungskräfte besteht darin, eine Balance zwischen diesen scheinbaren Gegensätzen zu schaffen. Es geht nicht darum, sich für eine Seite zu entscheiden, sondern beides gezielt in Einklang zu bringen. Es braucht ausreichend Organisation und damit Struktur, um Orientierung und Stabilität zu gewährleisten – und zugleich genügend Freiraum, um Kreativität und Innovationskraft zu fördern.
Niemand möchte in einem Unternehmen oder einem Team arbeiten, dem es an Leidenschaft für das eigene Tun fehlt und das dadurch starr und leblos wirkt. Gleichzeitig streben wir ebenso wenig nach einem Umfeld, das von Unstrukturiertheit, reiner Emotionalität und individuellen Befindlichkeiten geprägt ist.
Mein Gedanke:
Organisation und Hingabe sind keine Gegensätze – sie ergänzen einander. Führung bedeutet in diesem Kontext beide Dimensionen zu verstehen, gezielt einzusetzen und bewusst zu reflektieren: Welcher Aspekt ist gerade wichtiger für mein Unternehmen, mein Team?
Bin ich gerade stärker in der Organisation oder in der Hingabe verankert? Wo bedarf es mehr Klarheit und Struktur? Wo sind mehr Freiheit und Leidenschaft erforderlich? Und was geschieht, wenn ich bewusst den anderen Pol integriere?
Gute Führung hält beide Kräfte in einem ausgewogenen Zusammenspiel – wie unser Atemrhythmus zwischen Stabilität und Freiraum.
In diesem Sinne: Finden Sie Ihre persönliche Balance. Denn erst in ihr entsteht echte Kraft.
Herzliche Grüße,
Ihre
Sandra Günther