Mut zur Verletzlichkeit auch (und vor allem) als Führungskraft
06.05.2025
Wann haben Sie sich zuletzt selbst in Frage gestellt – in Ihrer Rolle, in einer Entscheidung, als Führungskraft? Wann haben Sie (sich) offen eingestanden, dass Sie nicht auf alles eine Antwort haben, nicht „perfekt“ sind? Oder vielleicht die Frage: Haben Sie es überhaupt schon einmal bewusst getan?
Und wenn ja – erinnern Sie sich, was dieser Moment bei Ihnen oder anderen ausgelöst hat?
Ich weiß, solche Erfahrungen bespricht man nicht gern, schon gar nicht öffentlich. Doch warum eigentlich nicht?
Sind es nicht gerade diese stillen, echten Momente, die uns in Erinnerung bleiben – insbesondere bei Menschen, die wir als Vorbilder sehen? Wenn sich jemand spürbar echt zeigt und offen sagt: „Ich weiß es gerade auch nicht.“ Oder: „Das hat mich ehrlich getroffen.“
Ich erinnere mich gut an solche Situationen – sowohl in meiner Arbeit mit Führungskräften als auch in persönlichen Begegnungen. Es war oft nicht die perfekte Präsentation oder die entschlossene Ansage, die Verbindung geschaffen hat, sondern der Moment, in dem jemand den Mut hatte, sich authentisch zu zeigen.
Im Business-Alltag sind wir nicht geübt darin, Verletzlichkeit zu offenbaren. Dort zählen Ergebnisse, Lösungen und Performance. Wir haben vermeintlich gelernt, dass ein Zögern und/oder ein Zweifeln schnell als Anzeichen von mangelnder Belastbarkeit bewertet werden. Und doch wissen wir – zumindest insgeheim –, dass genau in diesen Momenten Vertrauen entsteht bzw. entstehen kann, weil sie Nähe schaffen, Offenheit ermöglichen und neue Perspektiven eröffnen können.
Natürlich ist es nicht einfach, sich verletzlich zu zeigen. Es fühlt sich oft riskant an, fast wie ein Kontrollverlust und sofort meldet sich die innere Stimme: „Wie werde ich jetzt wahrgenommen?“, „Was denkt mein Gegenüber nun von mir?“, „Wirke ich dadurch weniger professionell?“. Solche Gedanken sind verständlich – und ich kenne sie aus eigener Erfahrung. Früher habe ich versucht, solche Momente zu unterdrücken oder zu überspielen. Heute weiß ich: Das war ein Fehler!
Verletzlichkeit zu zeigen ist kein Zeichen von Schwäche – im Gegenteil: Es zeugt von innerer Stärke und Reife. Sich selbst infrage zu stellen, nicht aus Zweifel oder dem Bedürfnis nach Bestätigung, sondern aus bewusster Klarheit und im Hinblick auf das größere Ziel, ist Ausdruck verantwortungsvoller Führung. Wer sich ehrlich fragt: „Bin ich der Richtige für diese Aufgabe?“, stellt nicht sich selbst ins Zentrum – sondern das, was erreicht werden soll. Es geht nicht um Eitelkeit, sondern um Wirkung. Um die Bereitschaft, offen zu bleiben: für andere Perspektiven, für Korrektur, für persönliches und gemeinsames Wachstum.
Natürlich besteht das Risiko, missverstanden zu werden – dass jemand unsere Offenheit als Schwäche liest. Doch genau darin liegt auch eine Chance: Wenn wir uns zeigen, erfahren wir, wie unser Umfeld tatsächlich reagiert. Und manchmal ist genau das der Moment, in dem wir beginnen, uns nicht mehr an äußeren Erwartungen zu orientieren, sondern an innerer Überzeugung.
Verletzlichkeit ist somit kein Mittel zur Selbstdarstellung, sondern ein Schlüssel zu echter Wirkung und Verbindung: Erfolg braucht keine Perfektion, sondern Klarheit, Selbstreflexion und den Mut, sich zu zeigen. Diese Echtheit schafft Vertrauen, Vertrauen schafft Verbindung – und genau diese Verbindung ist die Grundlage für Wirksamkeit, insbesondere im Führungsalltag!
Ich habe selbst – und in der Begleitung von Führungspersönlichkeiten – erlebt, wie durch solche Momente Nähe, Offenheit und neue Perspektiven entstehen: Teams kommunizieren anders, Menschen atmen auf, geben neue Facetten von sich preis, weil sie spüren: „Ich darf auch ich selbst sein.“ Und nicht selten ergeben sich daraus neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit.
Mein Gedanke:
Verletzlichkeit ist keine Schwäche, sondern Teil unserer Wirksamkeit!
Führung beginnt dort, wo wir bereit sind, echt zu sein – auch wenn das Mut erfordert!
In diesem Sinne: Stehen Sie zu sich. Seien Sie mutig. Zeigen Sie sich – mit allem, was Sie ausmacht!
Herzliche Grüße,
Ihre
Sandra Günther