Im Umgang mit kleinen und großen Herausforderungen

09.02.2023

Eine der wichtigsten Aufgaben von Führungskräften in einem Unternehmen ist es, sicherzustellen, dass die täglichen Geschäftstätigkeiten reibungslos verlaufen. Ein wichtiger Teil dieser Aufgabe besteht darin, die wirklichen Probleme und Herausforderungen zu identifizieren, die das Geschäft beeinträchtigen könnten. Themen, die das Geschäftsmodell bedrohen könnten oder die im Widerspruch zur Vision oder zum Purpose des Unternehmens oder aber dem Wertekorsett des Miteinanders stehen. Dies kann jedoch eine Herausforderung sein, da die Bedeutung eines Problems nicht immer sofort erkannt bzw. unterschiedlich und im schlimmsten Fall falsch eingeschätzt wird. Letztlich gilt es auch der Frage nachzugehen, ob etwa eine Kleinigkeit von einzelnen Mitarbeitenden stark aufgebauscht wird und ihr mehr Bedeutung beigemessen wird, als ihr eigentlich zukommen sollte. Häufig geschieht dies auf der kulturellen Unternehmensebene. Die Folge ist, dass man sich dann immer wieder mit diesem Thema beschäftigt und sprichwörtlich aus einer „Mücke“ einen „Elefanten“ macht. Noch gravierender kann es sein, wenn umgekehrt die wirklichen „Issues“ nicht wahrgenommen bzw. in der Organisation nicht identifiziert oder nicht kommuniziert werden.

Leider (oder Gottseidank) hat jede Führungskraft eine individuelle Wahrnehmung und differenziert für sich, was sich gut oder schlecht anfühlt. Daraus resultiert, wie zahlreiche Studien zeigen, dass an sich gleiche Sachverhalte teilweise sehr unterschiedlich bewertet werden, was zu unterschiedlichen Entscheidungen führt. Interessanterweise ist dies nicht nur der Fall, wenn verschiedene Führungskräfte etwas beurteilen, denn vermutlich sind Ihre Entscheidungen als einzelne Führungskraft auch hin und wieder auch tagesformabhängig – wenn Sie ehrlich sind.

Aber wie können Sie als Führungskraft für sich selbst sicherstellen, dass Sie die Mücken von den echten Elefanten unterscheiden und Ihre Energie auf die Lösung der Probleme lenken? Und noch vor allem: Wie können Sie sicherstellen, dass in Ihrer Organisation ein konsistentes Verständnis darüber herrscht?

Eine Möglichkeit besteht darin, möglichst konkrete Entscheidungsregeln vorzugeben, wann es sich um ein signifikantes Problem handelt. Droht operativ ein Kunde abzuspringen, weil ein Projekt zu scheitern droht? Sind finanzielle Kenngrößen in einem Umfang betroffen, der letztlich bewertet werden muss? Gibt es eine starke Unzufriedenheit der Mitarbeitenden, die die Produktivität lähmen könnte? Auch wenn man nie alle Eventualitäten abdecken kann, da vieles im Zweifelsfall Auslegungssache ist, hilft hier jedoch ein klarer Rahmen, wachsam zu bleiben. Doch damit ist es nicht getan. Sie sollten Ihre Regeln mit klaren kulturellen Normen und Werten flankieren, um Konsistenz in der Organisation zu schaffen. Geben Sie sich selbst und anderen Führungskräften und Mitarbeitenden eine Orientierung, wann eine Entscheidung „richtig“ ist. Sie alle kennen Manager, die dieses gewisse Gespür haben und Risiken bereits erahnen, obwohl sie noch nicht konkret adressiert wurden. Sie haben den sogenannten „business sense“.

Meine Gedanken:

  1. Vermitteln Sie den Mitarbeitenden einen konsistenten Methodenkoffer wie Datenanalyse, Prozessüberwachung und Feedbackbefragungen, um für den operationalen wie kulturellen Bereich ein frühzeitiges Warnsystem zu installieren. Definieren Sie nicht-tolerierbarere Abweichungen von Kennzahlen und der Norm, um einen gewissen Rahmen vorzugeben.

  2. Suchen Sie sich Vorbilder, die ein Gespür für Themen haben und nutzen Sie diese Vorgehensweisen als Vorbild für Ihren Bereich/ Ihr Unternehmen. Versuchen Sie, innerhalb der Organisation ein Gefühl für Handlungsbedarf zu entwickeln. Denn so etwas wie ein organisationales „Bauchgefühl“ ist oft viel mehr wert als ein bloßes Regelwerk.

  3. Fördern Sie eine lösungsorientierte Kultur: Sie werden feststellen, dass vermeintliche Themen nicht mehr aufgebauscht werden können. Das lösungsorientierte Denken hilft uns dabei, bei der Handlung (Sachlichkeit) zu bleiben, nicht in eine wie auch immer gelagerte Emotion zu verfallen und positiver mit Problemen umzugehen. Ein Konfliktmanagementsystem kanalisiert unter anderem auch aufkeimende Konflikte, solange sie noch klein sind, und sorgt dafür, dass sie bewältigt und gelöst werden.

  4. Schaffen Sie eine Umgebung, in der Mitarbeitende offen und bereit sind, von anderen zu lernen und Feedback zu erhalten. Dokumentieren Sie Entscheidungen und insbesondere die Learnings während und nach der Lösung des Problems, gleich welcher Art. Lernen Sie also anhand von Beispielen in der Organisation selbst.

  5. Setzen Sie selbst die Methoden und Verhaltensweisen um, die Sie anderen vermitteln wollen, um durch Vorbildwirkung zu motivieren.

In diesem Sinne bleiben Sie gesund, offen und wachsam für die wirklichen operationalen aber auch kulturellen Herausforderungen in Ihrer Organisation.

Ihre
Sandra Günther