Detox-auch im Führungsalltag?

07.03.2023

Schon die alten Griechen übten sich in Askese, und fast jede Religion kennt eine Fastenzeit. In der christlichen Tradition beginnt die Fastenzeit am Aschermittwoch. Dieses Jahr war der Start am 22. Februar und sie endet an Ostern (Ostersonntag ist am 9. April 2023). Das sind 40 Tage, also etwa sechs Wochen, in denen bewusst auf Dinge verzichtet werden soll. Um Entsagung oder strengen Verzicht geht es vielen von uns heute aber nicht (mehr) ausschließlich. Manche haben bereits eine Form des Verzichtes zu Jahresbeginn in Form des „Dry- oder Vegan-January“ hinter sich und verspüren daher kein Bedürfnis mehr, (erneut) zu entsagen.

Aber geht es in dieser Zeit tatsächlich nur darum, auf Alkohol, ungesundes Essen, etc. zu verzichten? Ich denke nicht, und sicher sind viele von Ihnen gleicher Meinung. Wie wäre es also, wenn Sie die Fastenzeit dazu nutzen, um Dinge wegzulassen, von denen wir viel zu viel haben, um der Umwelt, aber auch uns selbst etwas Gutes zu tun? Was wäre, um noch einen abstrakten Schritt weiterzugehen, wenn wir die Fastenzeit auch dazu nutzen würden, unseren Führungsalltag zu entschlacken und damit gleichsam unseren Mitarbeitenden etwas Gutes zu tun, sie durch unseren Verzicht zu stärken?

Was ich damit meine? Als Führungskraft sind Sie teilweise bis zu 24 Stunden „on“. Oft, weil Sie sich für alles verantwortlich fühlen und in alle Prozesse Ihres Teams eingebunden sind. Viele Führungskräfte wollen auch immer über alles informiert und im besten Fall auch noch in alle Prozesse involviert sein. Dieser Führungsstil schadet nicht nur Ihnen als Führungskraft, weil Sie sich damit selbst überfordern und schlimmstenfalls sogar Ihre Kreativität verlieren. Zudem schmäleren Sie dadurch das Potenzial im Team. Häufig geschieht dies aus der (unbewussten) Angst heraus, überflüssig zu werden (vielleicht erinnern Sie sich noch an den Newsletter zu diesem Thema).

Was wäre also, wenn Sie an dieser Stelle üben, loszulassen und bewusst Ihren Alltag entschlacken, um so zukunftsfähige Strukturen in Ihren Teams zu schaffen, die auch für Sie funktionieren? Unvorstellbar für Sie? Loslassen geht nicht? Ich sage: Doch! Loslassen lässt sich lernen und Verzicht somit ebenfalls. Es bedarf jedoch Geduld, Übung und das Bewusstsein, dass in dieser Phase auch Fehler passieren können.

Daher möchte ich Sie einladen, die nun „nur“ noch 33 verbleibenden Tage der Fastenzeit in diesem Jahr einmal bewusst in Ihren Führungsalltag zu integrieren, um das „Loslassen“ und „Verzichten“ zu „üben“. Insgesamt können Verzicht und Führung auf unterschiedliche Weise zusammenpassen. Indem Sie als Führungskraft auf bestimmte Dinge verzichten, können Sie ein positives Arbeitsklima schaffen und Ihre Teams motivieren, erfolgreich zu sein.

Meine Gedanken:

  1. Verzichten Sie auf Macht: Indem Sie Ihre Macht und Autorität nicht ausnutzen, schaffen Sie eine Arbeitsumgebung, in der Vertrauen und Respekt vorherrschen. In der Praxis können Sie diese Vertrauenskultur erreichen, indem Sie mehr Fragen stellen und weniger Vorgaben machen, indem Sie mehr zuhören und weniger selbst reden. Seien Sie der Coach und nicht der Kontrolleur.
  2. Verzichten Sie auf Kontrolle: Geben Sie Ihren Mitarbeitenden dadurch die Freiheit und Autonomie, um ihre Arbeit auf ihre eigene Art und Weise zu erledigen. Dies kann dazu beitragen, dass sie motivierter und engagierter sind und ein Gefühl von Verantwortung und Zugehörigkeit zu ihrer Arbeit haben.
  3. Verzichten Sie darauf, Ihre persönlichen Wünsche in den Vordergrund zu stellen: Konzentrieren Sie sich dadurch auf die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden und stellen Sie sicher, dass sie die notwendigen Ressourcen und Unterstützung erhalten, um ihre Arbeit erfolgreich zu erledigen.
  4. Verzichten Sie auf bestimmte Privilegien: Seien Sie ein Vorbild, indem Sie zeigen, dass Sie bereit sind, zum Wohle des Teams auf bestimmte Vorteile zu verzichten.
  5. Verzichten Sie auf unnötige Härte: Schaffen Sie ein Umfeld, in dem sich Ihre Mitarbeitenden sicher und respektiert fühlen. Wenn sich die Mitarbeitenden frei äußern und ihre Ideen und Bedenken teilen können, motivieren und stärken Sie Ihre Teams.

Bei allem möglichen Verzicht ist jedoch eines auch im Jahr 2023 sehr wichtig: Das Erwartungsmanagement. Kommunizieren Sie klar Ihre Erwartungen. Was erwarten Sie von wem, was darf man von Ihnen als Unterstützung erwarten und wer übernimmt wofür in welchem Rahmen Verantwortung für welche Aufgaben?

In diesem Sinne bleiben Sie gesund, offen und nutzen Sie die Chance auf einen bewussten Verzicht mit positiver Wirkung für Sie und Ihr Team. Und: bleiben Sie ruhig auch nach Ostern auf diesem positiven Weg. Denn Veränderung braucht Zeit und Übung.

Ihre
Sandra Günther