Demut vs. Führung: Ist das ein Widerspruch?

13.10.2022

Was gesunde Führung mit Demut zu tun hat? – Viel! Denn die bisherigen Sichtweisen und Strategien funktionieren in unserer heutigen Welt nicht mehr. Auch die Begriffe „Führung“ und „Demut“ erfahren eine neue Definition. Demut und Führungsstärke sind zwei Begriffe, die viele Menschen wahrscheinlich nicht so direkt miteinander verbinden würden. Der Begriff Demut ist eine häufig vollkommen fehlinterpretierte Bezeichnung. Nicht selten wird sie mit Unterwürfigkeit verwechselt. Durch diese Fehlinterpretation fragen Sie sich sicher gerade vielleicht, wieso nun dieses Attribut als wichtige Qualität der Führung angesehen werden kann. Nur wenn man den Unterschied zwischen Demut und Unterwürfigkeit deutlich erkennt, kann man diesen Faktor auch in die Führung einbringen. Es handelt sich um eine Geisteshaltung.

Führung assoziieren wir oft mit Begriffen wie Konkurrenzdenken, Leistungsorientierung oder Durchsetzungsfähigkeit. Diese stark dominanten Persönlichkeitsmerkmale prägen dauerhaft den Alltag und können Druck erzeugen. Wenn dann noch so manche Führungskraft glaubt, dank ihrer Position mehr wert zu sein als andere, zeigt sie das Gegenteil von Demut: Hochmut. Oft ein Prozess, der unbewusst abläuft. Dadurch wird demonstriert, dass es an gesundem Selbstwertgefühl fehlt. Der Effekt ist, dass man Mitarbeitende demotiviert und als Führungskraft nicht wirklich akzeptiert wird. Zudem lässt sich ein Team nicht gern von jemandem führen, der auf sie herabblickt. Es bauen sich innere Widerstände auf, es entsteht Stress und im Gegenzug leiden Produktivität und Teamfähigkeit.

Heute ist Demut hauptsächlich ein Begriff in der Psychologie und drückt aus, sich als Teil eines großen Ganzen zu fühlen. Dankbar zu sein, für die Rolle, die man in einer Gemeinschaft hat und für das Leben im Allgemeinen. Damit verbunden ist der Respekt vor dem eigenen Potenzial und das der anderen sowie die Haltung, die eigenen Fähigkeiten für die Gemeinschaft gewinnbringend einzusetzen. Es wird nicht das eigene Ego in den Vordergrund gestellt, sondern ein höheres Ziel. Genau das, was es braucht, um gesund zu führen.

Demut bedeutet auch Gegebenheiten zu akzeptieren. Gerade das wird oft mit Genügsamkeit, Schwäche oder Verwundbarkeit in Zusammenhang gebracht und macht eine Haltung der Demut in Führungskreisen nicht gerade beliebt. Nicht zu klagen, bedeutet aber letztlich, sich nicht in Problemen zu verlieren, sondern lösungsorientiert zu denken und zu handeln. Demut gepaart mit Ambition ist eine erfolgsversprechende Kombination. Schließlich lässt Demut überhaupt erst Zweifel zu und Sie kommen vielleicht erstmalig in die Situation, Ihre eingeschliffenen Verhaltensmuster zu hinterfragen. Wenn wir mit Demut betrachten können, wer wir sind, welche Position wir inne haben und welche Fähigkeiten und Erfolge uns ausmachen, dann macht sich Dankbarkeit und Freude breit. Wir können uns und anderen wert-schätzender begegnen. Dadurch werden wir authentischer, gelassener und respektvoller. So gelingt auch Kommunikation, lösungsorientiertes Handeln und Führung deutlich besser.

Demut als Charakterzug von Führungskräften hat also nichts mit Softie-Mentalität, mangelnder Willenskraft oder falscher Bescheidenheit zu tun. Es geht darum, Teams für ein gemeinsames Ziel zu einen und Dominanz durch Vertrauen zu ersetzen, sich also selbst als Führungskraft weniger wichtig zu nehmen. Führung versteht sich dann nicht mehr als Position, sondern als Aufgabe: sich und das Team motiviert und gesund zu Höchstleistungen zu führen.

Meine Gedanken:

  1. Begegnen Sie Menschen auf Augenhöhe. Dadurch können Sie Ihre eigenen Stärken und Schwächen sowie die der Mitarbeitenden besser einschätzen und einsetzen.
  2. Hören Sie Ihrem Gegenüber empathisch und unvoreingenommen zu. Für gewöhnlich denken Menschen schon über Ratschläge nach, die sie sogleich anbringen, sobald der Gesprächspartner es ausgesprochen hat.
  3. Zeigen Sie durch diese Geisteshaltung Wertschätzung und Respekt. Hierdurch schaffen Sie Vertrauen, entwickeln Teamgeist, sehen Probleme oder Misserfolge als Herausforderungen an und steigern so die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeitenden.
  4. Konzentrieren Sie sich mehr auf Ihre Ziele, Visionen und das Team, statt auf sich selbst. Der Fokus liegt auf dem „Wir“ nicht auf dem „Ich“. Und genau das benötigt es in der Zukunft, die auf uns alle wartet.

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund offen und demütig!

Ihre
Sandra Günther